Nix wie weg! Tipps für eine entspannte Elternzeit-Reise mit Stillbaby
In der Elternzeit noch mal schnell vier Wochen nach Kanada oder die USA? Klingt verführerisch, wäre da nur nicht die lange Anreise. Viele junge Eltern scheuen sich davor, mit Stillbabys zu fliegen oder länger Auto zu fahren. Dabei ist das viel unkomplizierter, als man denkt. Kinderreisen-Expertin und Mama Jenny Menzel erklärt, wie es funktioniert, was im Gepäck nicht fehlen darf und was absolut überflüssig ist.
Selbst wenn die Lust groß ist: Viele junge Mütter trauen sich während der Stillzeit nicht, eine größere Reise zu machen. Zu Recht?
Definitiv nicht. Stillen ist kein Problem oder Hindernis auf Reisen, sondern eher eine Erleichterung. Aber natürlich ist es verständlich, dass man sich beim ersten Kind zunächst unsicher fühlt. Man braucht eine Weile, um sich einzustimmen und die Stillbeziehung in Gang zu bringen. In dieser ersten Zeit würde ich von Reisen abraten. Wenn sich alles eingespielt hat, steht aber einer Reise mit Stillkind nichts im Weg.
Welche Vorteile hat das Stillen auf Reisen?
Zunächst mal ist es unheimlich praktisch: Fläschchen, Sauger, Milchpulver – das braucht man alles nicht. Die Muttermilch ist immer dabei und sofort griffbereit. Das ist gerade auf Reisen unheimlich wichtig. So kann man schnell reagieren, wenn das Baby Hunger hat.
Die Aufregung des Reisens führt häufig dazu, dass der Milchvorrat zeitweilig zurückgeht. Was tun?
Zunächst mal ruhig bleiben! Die beste Methode, um dem entgegenzuwirken, ist häufiges Anlegen, wann immer das Baby danach verlangt. Dann pendelt sich alles von selbst wieder ein.
Gibt es etwas, was man als stillende Mutter beachten sollte?
Vor allem sollte man auf sich selbst achten! Gerade bei Reisen in wärmere Länder sollten stillende Mütter genügend trinken, am besten Wasser oder ungesüßten Tee. Und immer auf ausreichend Pausen zum Ausruhen achten und genügend schlafen. Ein wichtiges Reiseutensil für stillende Mütter ist ein Tragetuch oder eine Babytrage. Tragen ist auf Reisen nicht nur praktisch, sondern es schützt das Baby zugleich auch vor der stressigen Umwelt und sorgt für Körperkontakt zwischen Mutter und Kind. Auch das hilft, den Milchvorrat immer auf dem aktuellen Bedarf zu halten.
Vor allem bei Reisen in wärmere Länder haben viele stillende Mütter Angst, dass ihr Baby zu wenig Flüssigkeit bekommt...
...dabei ist das völlig unbegründet! Babys, die voll gestillt werden, brauchen auch bei großer Hitze keine extra Flüssigkeit. Das Baby sollte nach Bedarf angelegt werden. Wird zudem noch Wasser oder Tee gegeben, macht man es nicht nur dem eigenen Körper schwerer, sich auf die Bedürfnisse des Babys einzustellen, sondern man erhöht auch das Risiko einer Infektion durch unsauberes Trinkwasser.
Was sollte unbedingt auf der Gepäckliste stillender Mütter stehen?
Im Grunde sind nur die Sachen notwendig, die man auch zu Hause zum Stillen immer braucht – also z.B. ein gut sitzender Still-BH, Stilleinlagen oder eine Pflegecreme für wunde Brustwarzen. Praktisch ist ein Mulltuch zum Abwischen, Unterlegen oder auch zum dezenten Bedecken beim Stillen in der Öffentlichkeit.
Was darf nicht vergessen werden, wenn die Milch abgepumpt wird?
Wird die abgepumpte Milch nicht gleich vom Baby getrunken, muss sie kühl gehalten werden. Am besten dann schon bei der Buchung darauf achten, dass das Hotelzimmer einen Kühlschrank hat. Ins Gepäck gehören neben der Milchpumpe mehrere saubere, dicht schließende Behälter für die Muttermilch. Für unterwegs kann es sinnvoll sein, eine Isoliertasche mit Kühlakkus mitzunehmen.
In Ländern wie Japan oder den USA wird zum Stillen in der Öffentlichkeit ein „Nursing Cover“ verwendet, eine Art Umhang, mit dem man während des Stillens die Brüste bedeckt. Eine notwendige Investition?
Nein. Diese speziellen Still-Cover kosten bis zu 50 Euro, eine absolut unnötige Ausgabe. Im Grunde reicht zum Bedecken der Brust auch das Lieblingstuch, das man im Zweifel ohnehin dabei hat. Und mal ehrlich: Wenn man sich im Restaurant plötzlich einen bunten Umhang umlegt, fällt das doch mehr auf, als wenn man sich einfach ein wenig abwendet und dezent das Shirt hochzieht?!
Ihr Rat: Was kann getrost zu Hause bleiben?
Ein Stillkissen. Das nimmt auf Reisen nur viel Platz weg. Als Ersatz reicht ein zusammengerolltes Badehandtuch oder ein Kissen im Hotel.
Angeblich soll das Stillen auf Flugreisen dem Baby besonders bei Start und Landung gut tun. Wie sehen Sie das?
Fühlt sich das Baby durch die fremde Situation im Flieger überfordert, ist Stillen tatsächlich optimal, um es wieder zur Ruhe zu bringen. Vor allem sehr kleine Babys haben erfahrungsgemäß aber keine Probleme mit dem Fliegen – die merken gar nicht, wo sie sind. Auch der Druckausgleich macht in den heutigen Flugzeugen kaum noch Probleme. Falls doch, kann man Säuglingen während des Starts und der Landung einen Schnuller geben.
Oft wird auch Stillen empfohlen.
Stimmt. Allerdings finde ich es viel wichtiger, dass das Baby wie alle Passagiere in der Maschine während Start und Landung sicher angeschnallt ist. Dazu müssen die Eltern für ihr Baby einen eigenen Sitzplatz buchen und eine für die Verwendung im Flugzeug zugelassene Babyschale mitbringen. Das mag zwar deutlich teurer sein, als das Baby auf dem Schoß mitzunehmen, es hat aber außer dem Sicherheitsaspekt noch einen weiteren Vorteil: Sitzt das Baby im eigenen Kindersitz, ist der Flug für alle entspannter. Das Baby weint wahrscheinlich weniger und schläft besser und länger. Dann muss auch bei Start und Landung nicht auf Kosten der Sicherheit gestillt werden.
Jenny Menzel - "Reisehandbuch für Familien"
Jenny Menzel ist Mutter von drei Kindern und Autorin des mit dem ITB Buch Award 2016 ausgezeichneten „Reisehandbuch für Familien“. Die Reisebloggerin berichtet regelmäßig für das Online-Reiseportal http://www.kidsaway.de/ und schreibt über ihre Abenteuer in fernen Ländern auf www.weltwunderer.de/.