Stillförderung hat langfristige positive Auswirkungen für Mutter, Kind und die gesamte Gesellschaft
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Auf der Pressekonferenz zum 13. Still- und Laktationssymposium von Medela stellten weltweit renommierte Forscher am 22. März 2018 in Paris ihre aktuellen Forschungsergebnisse vor und diskutierten die neuesten Erkenntnisse zur Bedeutung der Muttermilch für die Gesundheit. Die eindeutige Aussage aller Forscher: Stillen muss gefördert werden. Der Grund: Stillen wirkt sich positiv auf die Gesundheit der Kinder aus, es senkt das Risiko für Mütter, bestimmte Krankheiten zu entwickeln, und reduziert nachhaltig die Gesundheitskosten.
Die Fakten: Die Ernährung von Säuglingen mit Muttermilch kann
- weltweit 800.000 Kindern pro Jahr das Leben retten (1)
- Asthma (2), eine unheilbare Erkrankung mit weltweit 235 Millionen Betroffenen (3), vorbeugen
- lebensbedrohliche Säuglingserkrankungen wie Sepsis, nekrotisierende Enterokolitis (Absterben von Darmgewebe), plötzlichen Kindstod und Atemwegserkrankungen verhindern
- den IQ von termingeborenen Säuglingen um bis zu drei Punkte steigern (4) und die allgemeine Gehirnentwicklung bei Frühgeborenen (5) drastisch verbessern
- bei der Mutter Erkrankungen wie Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen sowie Brust- und Eierstockkrebs vorbeugen
- die weltweiten Gesundheitskosten pro Jahr um einen mindestens dreistelligen Millionenbetrag bis hin zu Milliardenbeträgen senken (6)
- die weltweite Produktivität jährlich um dreistellige Milliardenbeträge steigern (7)
Das unterstreichen auch die aktuellen wissenschaftlichen Beiträge der anwesenden Forscher:
Muttermilch liefert Erkenntnisse für gesundheitsfördernde Ernährungskonzepte der Zukunft. Für seine wissenschaftliche Forschung nahm Prof. Bruce German, Direktor des Foods for Health Institute an der University of California, die Laktation und Muttermilch als Modell. Ziel seiner Untersuchungen ist es, ein genaueres Verständnis des Zusammenspiels von menschlicher Gesundheit und Nahrungsmitteln zu entwickeln. Warum genau Muttermilch als Modell dient? „In Wahrheit stehen wir erst ganz am Anfang, Muttermilch zu verstehen und wie sie sowohl Säuglingen als auch Müttern hilft. Es ist eine Schande für die gesamte Wissenschaft, dass wir so spät erkannt haben, dass Muttermilch so besonders ist. Einige Dinge über Muttermilch veranlassen die Wissenschaftler, darüber nachzudenken, wie Ernährung im Allgemeinen funktionieren kann. Muttermilch ist ‚persönlich‘, ‚lebendig‘ und ‚dynamisch‘. Wenn wir Muttermilch und Laktation besser verstehen könnten, würden wir auf internationaler Ebene mehr in die Unterstützung von Müttern beim Stillen investieren. Wir würden auch viel darüber lernen, wie wir alle Altersgruppen ernähren können“, so German. Als lebendes, dynamisches und sich ständig an die Umwelt und die Bedürfnisse des Kindes anpassendes Nahrungsmittel sei Muttermilch das perfekte Vorbild für eine personalisierte Ernährung. Aufgrund dieser Fähigkeiten von Muttermilch sei es für den Forscher auch „schwer vorstellbar, dass [eine Verlängerung der empfohlenen Stillzeit] nicht gut wäre.“
Stillen beugt Volkskrankheiten vor.
Die enorme Bedeutung der ersten 1000 Lebenstage für die Zukunft des Kindes stand im Mittelpunkt des Vortrags von Prof. Laurent Storme, Leiter der Neonatologie am Universitätsspital Lille und Vizepräsident der Französischen Gesellschaft für die entwicklungsbezogenen Ursachen von Gesundheit und Krankheit. Storme betonte, dass der Grundstein für die Entstehung chronischer Krankheiten wie Allergien, Diabetes Typ 2, degenerative und psychische Erkrankungen in der Zeitspanne zwischen dem Beginn der Schwangerschaft und der Vollendung des zweiten Lebensjahres gelegt wird. Stillen, als postnatale Intervention in den ersten 1000 Tagen, reduziert das Risiko an diesen chronischen Krankheiten zu erkranken. Damit wirkt es sich positiv auf die langfristige Gesundheit des Babys aus. „Wir müssen den Zeitraum der ersten 1000 Lebenstage absolut schützen“, fordert daher Storme.
Stillen senkt nachhaltig die Kosten im Gesundheitssystem.
Prof. Tricia Johnson, Volkswirtin am Department of Health Systems Management der Rush University, betrachtete das Stillen aus einer ökonomischen Perspektive. „Stillen ist die frühestmögliche Präventionsmaßnahme für den Säugling und eine der wirkungsvollsten und kostengünstigsten, die es gibt.“ Sie lieferte Belege dafür, dass Muttermilch als gesundheitspolitische Primärintervention für die öffentliche Gesundheit und den Wohlstand eines Landes ebenso förderlich ist wie Impfungen. Mit steigender Menge und Dauer der Ernährung mit Muttermilch sinkt die Gefahr für Darmerkrankungen, Atemwegs- und Ohrinfektionen, Leukämie und plötzlichen Kindstod. Es gibt zunehmend Evidenz für die äußerst förderliche Wirkung der Ernährung mit Muttermilch auf die Gehirnentwicklung bei Frühgeborenen (8-12) und die daraus resultierende Senkung des förderpädagogischen Bedarfs. In der stationären Versorgung beträgt die bekannte Kosten-Nutzen-Rendite für Muttermilch mindestens 1:31. Weltweit entspräche eine vermehrte und länger andauernde Ernährung der Neugeborenen jedes Landes mit Muttermilch jährlichen Einsparungen bei den direkten Gesundheitskosten in dreistelliger Millionen- bis Milliardenhöhe, Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe im förderpädagogischen Bereich und dank gesteigerter Produktivität jährlich zusätzlichen Einnahmen in Milliardenhöhe. „Stillen verbessert die neurokognitive Entwicklung und senkt den Bedarf an Gesundheitsversorgung: Diese Vorteile summieren sich über das gesamte Erwachsenenleben hinweg auf“, so Johnson. Zwar sei Stillen aufgrund der Alternativkosten nicht kostenlos. Diese kleine Investition im frühen Leben des Kindes habe aber letztlich massive ökonomische und gesundheitliche Vorzüge für die ganze Gesellschaft.
Die Erforschung der Muttermilch verbessert das Verständnis für Brusterkrankungen.
Um zu verstehen, was genau bei der Laktation in der Brust passiert, wie dieser Prozess auf Zellebene funktioniert, untersucht Dr. Alecia-Jane Twigger, Postdoctoral Fellow am Institut für Stammzellforschung am Helmholtz Zentrum München, kleine „Mini-Brüste“ – Organoide von Milchzellen. „Diese Erkenntnisse sind fundamental, um die Bevölkerung dazu zu ermutigen, das Stillen zu fördern.“ Ein großes Problem sei, dass die Menschen nicht verstehen, wie sich die Brust während des Stillens verändert. Es herrsche Unklarheit darüber, wie dies dazu führt, dass stillende Mütter ein geringeres Risiko haben, an Brustkrebs oder Diabetes zu erkranken. Das „Wie“ erklären zu können, sei laut der Forscherin daher enorm wichtig. Im Rahmen ihres nächsten Studienprojekts will sie den Vorgang der Brustzellendifferenzierung näher erforschen, um Antworten auf die Frage zu finden, wie deren abnormale Entwicklung zur Entstehung von Brustkrebs, Diabetes oder geringer Milchproduktion führt.
Inhaltsstoffe der Muttermilch schützen vor Asthma.
Dass Stillen das Risiko um bis zu 40% reduziert, an Asthma zu erkranken, konnte Ass. Prof. Meghan Azad, Assistant Professor of Paediatrics and Child Health an der University of Manitoba und Vorstandsmitglied der International Society for Research in Human Milk and Lactation, in der CHILD-Studie belegen. Besonders Babys von Müttern mit Asthma – und damit einem erhöhten Risiko diese unheilbare Krankheit zu entwickeln – profitierten vom Stillen: Ausschließliches Stillen für sechs Monate senkte in Azads Forschungen bei diesen Kindern das Risiko für Giemen (einem starken Prädiktor für späteres Asthma) um 62%. Bezüglich der Dauer des Stillens war die Botschaft der Forscherin klar: Jede Woche, jeder Tropfen Muttermilch zählt bei der Vorbeugung von Asthma! Auch wenn nur über einen kurzen Zeitraum gestillt wird, kann das Kind von der Muttermilch profitieren. Ideal sei es jedoch, mindestens sechs Monate ausschließlich zu stillen und anschließend bis zu zwei Jahre Muttermilch in Kombination mit Beikost zu geben. Diese Empfehlung stützen auch die Daten der CHILD-Kohorte: Sie zeigen eine klare Dosis-Wirkung-Beziehung zwischen Stillen und Asthma bei Kindern: Je länger gestillt wird und je exklusiver die Ernährung mit Muttermilch ist, umso weniger giemen die untersuchten Kinder. Azad engagiert sich daher in Kanada für eine neue landesweite Aufklärungskampagne, die Müttern und der medizinischen Fachwelt Stillen als Mittel zur Asthmaprävention nahebringt.
Behandlungen von Zungenverwachsungen zur Stillförderung müssen überdacht werden.
Die Diagnose- und Behandlungszahlen des zu kurzen Zungenbändchens steigen drastisch, die Studienlage ist – trotz zahlreicher Veröffentlichungen – bedeutungsschwach. Ass. Prof. Donna Geddes nahm diese Entwicklungen als Anlass, die Ankyloglossie und deren Auswirkungen auf das Stillen genauer zu untersuchen. In ihrer Studie verglich sie Babys vor und nach einer Frenotomie mit einer Kontrollgruppe. Dabei zeigte sich, dass zwei Drittel der Babys vor der Frenotomie nicht genug Milch aus der Brust trinken und die Hälfte der Mütter nicht genug Milch produzieren konnte. Das erstaunliche Ergebnis nach der Frenotomie: Zwar hatten die Mütter weniger Schmerzen, doch konnten weder die Kinder mehr Muttermilch trinken noch verbesserte sich die Milchproduktion der Mütter. Die Folgerung der Forscherin: „Neue Forschungen belegen, dass das zunehmende Auftreten von Frenotomien zur Behandlung von Säuglingen mit zu kurzem Zungenbändchen das Stillen nicht verbessert und überdacht werden muss.“
Neue Studienerkenntnisse liegen zum Thema Stillen und Marihuanakonsum vor.
Prof. Thomas Hale, Gründer und Geschäftsführer des National Infant Risk Centre in den USA, berichtete vor dem Hintergrund des weltweit steigenden und zunehmend legalisierten Marihuanakonsums über den Übergang der verschiedenen Inhaltsstoffe in die Muttermilch. Zwischen fünf und 15 % der Mütter konsumieren Marihuana während der Schwangerschaft, vor allem gegen die Übelkeit, aber auch noch nachdem das Kind geboren ist. „Die Brust hat eine erstaunliche Fähigkeit, sich den Umständen anzupassen und das Baby vor schädlichen Elementen zu schützen, die im Körper der Mutter vorhanden sein könnten. Es war überraschend, durch eine wirklich quantitative Studie zu erkennen, dass die Menge an THC in der Muttermilch wesentlich geringer war, als Studien vor Jahrzehnten gezeigt hatten.“ Aber selbst wenn Marihuana als Medizin betrachtet wird, sind andere Medikamente, die z.B. Müttern mit Übelkeit helfen, absolut sicher und stellen für ihre Babys kein Risiko dar. Deshalb ist für Hale klar: Marihuana ist nicht für stillende Mütter zu empfehlen.
Laktationsprogramme sind von enormer Wichtigkeit in der neonatologischen Intensivmedizin.
Welche Vorteile hat Muttermilch für frühgeborene Säuglinge? Welche Strategien kann man vom „Rush Mothers Milk Club“ ableiten, um die Mütter von Babys auf neonatologischen Intensivstationen (NICU) beim Stillen zu unterstützen? Auf diese Fragen ging Prof. Paula P. Meier, Professor of Paediatrics and Nursing und Director of NICU Lactation Services auf der neonatologischen Intensivstation des Rush University Medical Centers, ein. Prof. Meier und ihr Team fanden in einer Studie heraus, dass es eine Dosis-Wirkung-Beziehung gibt zwischen der Menge der Muttermilch, die ein Kind über unterschiedliche Zeiträume in der NICU erhält, und der Senkung des Risikos von zahlreichen Komplikationen bei Frühgeborenen. Weiterhin sei die Muttermilch in den ersten Monaten oder sogar Jahren hauptsächlich dazu da, das Gehirn des Babys zu entwickeln. Die Folgerung: „Die gesamte medizinische Gemeinschaft sollte eine interdisziplinäre Ausbildung erhalten, die die Vorteile der Muttermilch als Präventionsmaßnahme in den gesamten medizinischen Lehrplan einbezieht, da sie eine Vielzahl von Krankheiten, die in verschiedenen Lebensabschnitten auftreten, verhindert.“ Darüber hinaus sei es wichtig, die Hürden, die Mütter von Frühgeborenen zu meistern haben, zu beseitigen. Wie das geht, zeigt der „Rush Mothers Milk Club“, bei dem beispielsweise ein „Laktationspflegedienst“ die Mütter beim Stillen unterstützt. Denn in den ersten zwei Wochen entscheidet sich, ob eine Mutter stillt oder nicht. Besonders in dieser Zeit seien zudem eine gute Technologie und Milchpumpen vonnöten, um eine langfristige Laktation bei der Mutter zu erreichen, da die Babys noch zu klein und schwach seien, um selbst an der Brust zu saugen.
Insgesamt waren sich die Forscher darüber einig, dass Aufklärung notwendig sei, um der Allgemeinheit die Selbstverständlichkeit und Bedeutung des Stillens für Babys, Mütter und die gesamte Gesellschaft nahe zu bringen. Im Fokus dürfen dabei nicht nur Frauen bzw. Mütter stehen, sondern auch Kinder, Jugendliche, Väter – die gesamte Bevölkerung.
Über Medela
Das 1961 gegründete Unternehmen Medela mit Sitz in der Schweiz betreibt Grundlagenforschung in Zusammenarbeit mit führenden Wissenschaftlern, Fachspezialisten und Universitäten und nutzt die Forschungsergebnisse für Bildungsarbeit und die Entwicklung seiner Stillprodukte und -lösungen. Für die Bereitstellung von Mitteln zur uneingeschränkten Forschungstätigkeit im Bereich Muttermilch und Laktation und das „Vorleben ihrer Unternehmenswerte“, so Schweizer Botschafter Pedro Zahlen, wurde Medela 2017 als Gesamtsieger mit dem Preis der schweizerisch-australischen Handelskammer ausgezeichnet. Erfahren Sie mehr auf www.medela.com.
(1) https://www.unicef.org.uk/babyfriendly/lancet-increasing-breastfeeding-worldwide-prevent-800000-child-deaths-every-year/
(2) https://doi.org/10.1016/j.jpeds.2017.07.012
(3) http://www.who.int/respiratory/asthma/en/
(4) http://www.thelancet.com/journals/langlo/article/PIIS2214-109X(15)70002-1/fulltext
(5) Lucas A, Morley R, Cole TJ, Lister G, Leeson-Payne C. Breast milk and subsequent intelligence quotient in children born preterm. Lancet. 1992;339(8788):261-4.
(6) https://www.unicef.org.uk/babyfriendly/lancet-increasing-breastfeeding-worldwide-prevent-800000-child-deaths-every-year/
(7) https://www.unicef.org.uk/babyfriendly/lancet-increasing-breastfeeding-worldwide-prevent-800000-child-deaths-every-year/
(8) Lucas A, Morley R, Cole TJ, Lister G, Leeson-Payne C. Breast milk and subsequent intelligence quotient in children born preterm.Lancet. 1992;339(8788):261-4.
(9) Vohr BR, Poindexter BB, Dusick AM, et al. Persistent beneficial effects of breast milk ingested in the neonatal intensive care unit on outcomes of extremely low birth weight infants at 30 months of age. Pediatrics. 2007;120(4):e953-9
(10) Roze JC, Darmaun D, Boquien CY, et al. The apparent breastfeeding paradox in very preterm infants: Relationship between breastfeeding, early weight gain and neurodevelopment based on results from two cohorts, EPIPAGE and LIFT. BMJ Open. 2012;2(2):e000834.
(11) Gibertoni D, Corvaglia L, Vandini S, et al. Positive effect of human milk feeding during NICU hospitalization on 24 month neurodevelopment of very low birth weight infants: An Italian cohort study. PLoS One. 2015;10(1):e0116552.
(12) Belfort MB, Anderson PJ, Nowak VA, et al. Breast milk feeding, brain development, and neurocognitive outcomes: A 7-year longitudinal study in infants born at less than 30 weeks' gestation. J Pediatr. 2016;177:133-9.
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